Corona-Lockerungen - Die grosse Freiheit – doch Wichtiges bleibt ungeklärt Autor: Nathalie Christen Bei Facebook teilen (externer Link, Popup) Bei Twitter teilen (externer Link, Popup) Mit Whatsapp teilen 32 Kommentare anzeigen Eines hat der Bundesrat heute klargemacht: Bei einer allfälligen zweiten Welle sieht er die Kantone in der Hauptverantwortung. Allzu viel Angst vor einer solchen zweiten Welle hat der Bundesrat zurzeit offenbar nicht – jedenfalls hat er die dringende Empfehlung des Präsidenten seiner wissenschaftlichen Taskforce, auf weitere Lockerungen zu verzichten, in den Wind geschlagen. Mit der Bemerkung, es gebe viele Meinungen, Experten seien wichtig, aber die Politik müsse abwägen. Kantone entscheiden wieder selbst Abwägen müssen ab jetzt vor allem die Kantone: So erlaubt der Bund beispielsweise ab dem 22. Juni wieder Veranstaltungen und Versammlungen mit bis zu 1000 Personen unter gewissen Bedingungen. Doch die Kantone können die Grenze auch herabsetzen. Und für den öffentlichen Verkehr empfiehlt der Bund zwar dringend das Tragen von Masken, wenn die Abstände nicht eingehalten werden können – vorschreiben will er es aber nicht. Die Kantone dürfen es, wenn sie wollen. Abwägen sollen die Kantone nicht nur in der Prävention, sondern auch im Ernstfall. Sie sollen entscheiden, ob sie Schulen oder Läden schliessen oder gar ganze Gebiete abriegeln. Wer bezahlt nun? Solche Entscheide, das haben wir im Verlaufe der Pandemie gesehen, haben neben der gesundheitlichen aber auch eine wirtschaftliche Dimension. Bisher galt: Der Bund befahl, der Bund bezahlte. Wer bezahlt nun aber, wenn die Kantone Schliessungen anordnen? Das war im Bundesrat heute zwar ein Thema. Eine definitive Antwort hat er aber noch nicht. Eine Antwort ist wichtig, weil Finanzen auch Anreize setzen. Sollten die Kantone selber bezahlen, wäre dies zwar konsequent nach dem Motto, wer zahlt, befiehlt. Doch droht auch die Gefahr, dass ärmere Kantone aus finanziellen Gründen allenfalls länger zögern, bis sie einschreiten. Auch sind nicht alle Kantone gleich gefährdet – das Tessin beispielsweise hatte mit dem Corona-geplagten Italien als Nachbarn viel mehr Fälle zu beklagen als der Rest der Schweiz. Finanzielle Anreize spielen auch bei Privatpersonen. Es sei nun sehr wichtig, dass sich alle mit Symptomen testen lassen, betont der Bundesrat. Doch eine Klärung, wer den Test wann selber bezahlen muss, steht ebenfalls noch aus. Verantwortung – Verantwortung? Der Bundesrat gibt viel der Verantwortung, die er drei Monate getragen hat, zurück an die Kantone und an die Privatpersonen. Damit beweist er gerade gegenüber der Bevölkerung sehr viel Vertrauen. Der Bundesrat rät dringend zu Masken im überfüllten ÖV – während dort noch kaum jemand Maske trägt. Er appelliert, nun mindestens 1,5 Meter Abstand zu halten – während sich in Strassen und auf Plätzen Menschen dicht an dicht drängen. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga meinte an der Medienkonferenz sinngemäss, wenn es zum Beispiel im Herbst wieder mehr Ansteckungen gäbe, würde es für die Bevölkerung wohl selbstverständlicher werden, Masken zu tragen. Und wenn nicht? Dann werden es die Kantone richten müssen.